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Die Kirche von Großharthau steht
auf einer kleinen Anhöhe im Osten des Dorfes. An gleicher
Stelle ist im Jahre 1662 die alte Kirche abgebrochen und größer
gebaut worden. In einer alten Schrift heißt es, "der
Kirchturm, so mitten auf der Kirche gestanden und in dem 2
Glocken gewesen, nur von Holz." Am 11. Januar 1559 wurde
in Harthau die Reformation eingeführt, jedoch als Filial
nach Schmiedefeld gewiesen, denn seit 1523 hatte Harthau keinen
eigenen Geistlichen mehr. Dies kam, weil der Bischof von Meißen,
zu dessen Land Harthau gehörte, keinen lutherischen Pfarrer,
und Reimund Krahe, der Besitzer von Harthau, keinen "Papisten"
haben wollte. Der Harthauer Kantor und Kirchschullehrer
Uhlisch baute 1700 für die Kirche eine Orgel. Seitens
der Patronatsherrschaft hatte, die 1738 verstorbene Reichsgräfin,
Charlotte von Flemming ein besonderes Interesse für die
Kirche. 1692 stiftete sie silberne Abendmahlsgeräte und eine
Vase aus Zinn. Eine Altarbekleidung aus schwerem seidenen, weiß
und braun geblümten Damast schenkte sie 1736 der Kirche.
Weiter legte Charlotte von Flemming 1000 Taler auf dem Gasthof
"Zu den drei Linden" (der heutige "Dürrer
Fuchs") in Schmiedefeld zu 5 Prozent an. Die Zinsen sollten
den Harthauer Lehrer und insbesondere für kirchendienstliche
Verrichtungen verwendet werden. Sie stellte folgende
Bedingungen: "Der Schulmeister zu Harthau erhält
daran die Zinsen, und zwar vierteljährlich 12 Tlr. 12
Groschen. Dafür hat derselbe a) 12 arme Kinder aus
Harthau und Goldbach zu unterrichten, welche von der Herrschaft
vorgeschlagen werden. b) wenn die Herrschaft in Harthau
anwesend ist, alle Sonn- und Festtage nachmittags, je nachdem der
Pfarrer Vor- oder Nachmittags nicht selbst zu predigen schuldig,
jedes mal über die Epistel eine Predigt zu halten. c)
Betstunden von Ostern bis Michaelis früh 6 Uhr zu halten u.
a. m." Im Jahre 1736 schenkte die Gräfin der Kirche
eine umfangreiche Bibliothek. Sie war für den Pfarrer und
für den Lehrer, der stets ein Theologe sein sollte,
bestimmt. 1746 wurde die Orgel durch eine neue ersetzt. Diese
Orgel baute Pfützner & Mager aus Pulsnitz. Am 15.
August 1793 brannte die Kirche durch einen Blitzschlag
vollständig ab. Dabei wurde auch die Bibliothek, sie soll
aus 2000 Büchern bestanden haben, vollständig
vernichtet. Unverzüglich ging man an den Wiederaufbau des
Gotteshauses. Die Einweihung der neu erbauten Kirche fand am 23.
November 1794 statt. Die beiden neuen Glocken, trugen die
Inschrift: "Im Jahre 1794 goß mich Mich. Aug. Weinhold
in Dresden." Im Jahre 1813 erlebten die Harthauer
Einwohner viel Not und Elend. Die Franzosen nutzten die Kirche
als Wach- und Schlachthaus. Der Orgelbauer Trampeli aus Adorf
baute 1821 eine Orgel in die Kirche. 1840 erhielt die Kirche
eine neue Orgel. Diese stammte aus der Stolpener
Orgelbauwerkstatt Herbig, sie kostete 600 Taler. Am 1. Oktober
1906 wurde die Kirchgemeinde von Schmiedefeld getrennt.
Großharthau wurde nach 383 Jahren wieder eine selbständige
Pfarrgemeinde. 3 Jahre wurde es noch vikarisch verwaltet. Herr
Pastor Vikar Otto Lehmann, aus Limbach bei Wilsdruff, begleitete
bis 1908 dieses Amt. Seit Januar 1909 hatte Großharthau
wieder einen eigenen Pfarrer. Dies war der Theologe Gottfried
Martin Horn. Durch einen Blitzschlag wurde der Kirchturm 1910
stark beschädigt. 1911 zog Pfarrer Horn in das neu
errichtete Pfarramt ein. Am 3. März 1916 fand die
feierliche Übernahme der von der Freien Vereinigung für
die innere Ausschmückung unserer Kirche geschenkten
elektrischen Beleuchtung statt. Die Firma Sauerbrey und Kostorz
aus Arnsdorf lieferte die Anlage. Im Juli 1917 musste die
große Glocke für Rüstungszwecke abgegeben werden.
Nach dem Abschiedsgottesdienst wurde die Glocke Tags darauf, am
12. Juli, durch Arbeiter aus Pirna ausgebaut und zum Bahnhof
gebracht. 1921 wurden das Turmdach und die Wetterfahne
erneuert. Die alte Fahne trug die Jahreszahl 1795. Die neue
Wetterfahne trägt die Jahreszahl 1921 und ist noch heute auf
ihrem Platz. 1922 wurden die neuen Glocken geweiht. Die
Zeitung "Der sächsische Erzähler" schrieb
dazu: "Die Glockenweihe zu Großharthau.
Großharthau, 19. August. Die Einholung und Weihe der neuen
drei Bronzeglocken war für die Allermeisten unserer
Kirchgemeinde ein Tag großer unvergesslicher Freude.
Nachdem der Weiheplatz auf dem Friedhof, der Kirchturm als die
Wohnung der neuen Glocken und das Ehrendenkmal unserer Gefallenen
dank der Liebe vieler, treuen Hände, vor allem der Jugend,
auf das Schönste geschmückt worden waren - weiterer
Schmuck war absichtlich nicht erbeten worden - zogen am Freitag,
den 11. August, in langem Zuge die Schulkinder mit
Willkommensträußchen und Begrüßungsfahnen
gegen 5 Uhr zur Bahnhofstraße. Dort wurden die Glocken und
das Viergespann, von Mitgliedern des Jungfrauenvereins
geschmückt, wo auch die Vereine mit ihren Fahnen und alle
Ehrengäste samt der Musik Aufstellung genommen hatten. Dem
allgemeinen Gesange: "Großer Gott, wir loben Dich",
folgten Begrüßungs- und Segenswünsche von Seiten
des Ortspfarrers, des Herrn Gemeindevorstandes H. Kurze und der
Lehrerin Fräulein Ch. Naumann. Unter flotten Marschklängen
setzte sich, Spitzenreiter voran, in der Mitte der ebenfalls mit
einem Vorreiter ausgezeichnete vierspännig gefahrene
Glockenwagen, über und über mit den Kindersträußchen
geschmückt, der viele Hunderte umfassende Zug in Bewegung.
Nachdem die Glocken am Fuße des Kirchberges von dem
Kirchenpatron Sr. Durchlaucht Prinz zu Schwarzburg gegrüßt
waren, fand ihre Weihe auf dem Friedhof vor der Lutherlinde
statt. Viele, viele Hunderte füllten den Platz. Die Weihe
begann mit dem allgemeinen Gesang: "Lobe den Herren, den
mächtigen König der Ehren". Die
Männergesangvereine "Concordia" und "Rau &
Vogel" umrahmten die Weiherede des Ortspfarrers. Er wies
zuerst auf den dank hin, den die Gemeinde Gott schulde. Gottes
Güte habe die Herzen für eine Glockengabe gewonnen!
Besonderen dank verdient der Kirchenvorstand, der sich nicht
schwankend machen ließ in seinem Vertrauen, dass die ganze
Kirchgemeinde für das durch Krieg zerstörte Geläut
ein neues sich ersehnte, und also auch opferwillig sein würde.
Und dieses Vertrauen ist glänzend gerechtfertigt: auch nicht
ein Erwachsener, der in Großharthau geboren ist, hat sein
Herz der Bitte um eine Glockengabe verschlossen! Nicht minder
herzlicher Dank gebührt dem Glockengießer, Herrn B.
Pietzel. Denn nur das größte Entgegenkommen von seiner
Seite hat es möglich gemacht, der Kirchgemeinde ein
Bronzegeläut zu schaffen. Mit innigen Dankesworten für
alle treue unentgeltlich geleistete Arbeit, das Abholen der
Glocken aus der Werkstatt, dem Arsenal, die Sandfuhren zur
Wegeverschönerung, das Schmücken durch Kränze,
Ranken und Lorbeerbäume leitete die Weiherede über zu
der Frage, was uns die neuen Glocken zu verkünden haben. Sie
alle haben eine Bitte, einen Wunsch: "O Land, Land, Land,
höre des Herrn Wort!" (Jer. 22,29.) In packender
Ausführung wies die Weiherede hin auf der Glocken tiefe
Liebe, auf ihre unermüdliche Treue, auf ihren
unerschöpflichen Segen. Unter lautlosem Schweigen wurden
sodann die Glocken geweiht im Namen Gottes des Vaters und des
Sohnes und des heiligen Geistes zu ihrem heiligen Dienst,
mitzuhelfen Gottes Reich, das Reich wahrer Freude und wahren
Friedens, auszubreiten auf Erden. Es folgten treue, ernste
Segenswünsche der Herren Geistlichen, des Pfarrers em. R.
Horn, des Vaters des Ortsgeistlichen, der in bewunderungswürdiger
Frische trotz seiner 76 Jahre dem Wunsche Ausdruck gab, dass
diese neugeweihten Glocken stets stärken mögen in
unsrer Kirchgemeinde: Glauben, Liebe, Hoffnung!, der Herren
Pfarrer Hennig - Goldbach, Kleeberg - Schmiedefeld, Brendler -
Frankenthal, Steudte - Großdrebnitz. Vaterunser, Segen und
der allgemeine Gesang: "Nun danket Alle Gott" schloss
die Feier. Am Abend konnte der Kyffhäusersaal die Erschienen
kaum fassen. In rascher Folge wechselten musikalische,
deklamatorische und theatralische Darbietungen. Für den
musikalisch Veranlagten war mit die schönste Gabe: "das
Nocturno" von Coltermann, vorgetragen von Herrn Dr. Kemlein
und Herrn Oberlehrer Förster - Schmiedefeld (Cello und
Klavier). Besondere Aufmerksamkeit wurde dem
Glockenweihefestspiel zu teil. Es brachte, aufgebaut nach der
Idee des Herrn Pfarrer Seidel - Beiersdorf, gedichtet vom
Ortspfarrer auf Grund der Eintragungen in die alten Kirchenbücher
von Großharthau, allerhand Geschehnisse aus dem Leben
unserer Gemeinde. Näheres siehe an anderer Stelle! Wie sehr
dieser Abend gefallen hat - und das ist wohl für alle
Mitwirkenden der beste Dank! - zeigt die Tellersammlung: M
1950,-. Am Sonnabend ging das Aufziehen der Glocken trotz Sturm
und den heftigsten Regengüssen ohne jeden Unfall vonstatten.
Sonntag früh ½ 9 Uhr erklang zum Festgottesdienst die
kleinste Glocke, ¾ 9 Uhr schloss sich die mittlere und um
9 Uhr, während der Festzug zur Kirche schritt, die größte
an. Das Gotteshaus, festlich geschmückt, bot kaum genügend
Raum für alle Andächtigen. Nach dem Eingangslied
erfreute der Gemischte Chor "Die Himmel rühmen des
Ewigen Ehre" und Herr Dr. Kemlein (Cello) mit Herrn
Oberwachtmeister Albert Gäbler (Violine) und Herr Lehrer
Wolf (Harmonium): "Meditation von Bach" und ebenso nach
den Vorlesungen der Sologesang von Frau Dr. Barthel: "Herr,
den ich tief im Herzen trage" und von Herrn Werkmeister
Franke: "Frohe Stunde für uns Alle" die ergriffen
lauschende Gemeinde. Hatte die Weiherede am Freitag zum Ausdruck
gebracht, was alle drei Glocken gemeinsam verkünden: "O
Land, Land, Land höre des Herrn Worte!", so sagte die
Festpredigt, wozu jede einzelne Glocke bitten und mahnen will. In
der Einleitung erinnerte der Prediger an jenen schmerzlichen
Abend des 9. Juli 1917, mit seinem Abschiedsgottesdienst für
die enteignete große Glocke, und wie nun, über Bitten
und Verstehen, ein neues herrliches Dreiklang - Geläut in
Bronze unserer Gemeinde dienen will. Wie herzerfrischend war der
Anblick der vielen, vielen Kinder im Festzug am Freitag, die den
Glocken entgegeneilten und mit ihnen dann zur Kirche zogen! Wohl
unseren Kindern, wenn sie diese Liebe zu den Glocken bewahren und
stets dem Glockenrufe folgen. So ruft bittend die kleinste
Glocke: "Lasset die Kindlein zu mir kommen!" Auf die
Eltern kommt es an, ob ihre Kinder nur rechtschaffene Menschen,
oder ob sie mehr, ob sie Gottesmenschen werden. Heilig die
Pflicht für Vater und Mutter, ihren Kindern Führer zu
Gott zu sein. So spricht die kleinste Glocke nicht nur zu den
Kindern, nein, sie spricht auch zu uns den Erwachsenen! - Der
Prediger schwieg. Plötzlich erklang erst leise, dann laut
und lauter hinein in das andachtsvolle Schweigen der Gemeinde der
helle, reine Ton der kleinsten Glocke, der Taufglocke! Wie auf
Engelsflügeln getragen schwebte dieser Klang dahin, bittend,
mahnend: "Lasset die Kindlein zu mir kommen!" "Bete
und arbeite" ist der Spruch der zweiten Glocke. Da brachte
der Prediger Bilder aus dem täglichen Leben, aus unserem
Schaffen, unserer Arbeit. Jedes Gebet ist ein Arbeiten an der
eigenen Seele, an dem inneren Menschen. Und jede Arbeit, in echt
christlichem Sinne getan, ist vor Gott wie ein Gebet. Tief ist
dieser Glocke Ton, tief, voll, männlich. Ja, wer ist ein
Mann?, so fragte einst Ernst Moritz Arndt. Er urteilte: Nicht
der, der rastlos Geld verdient auf alle und jede Weise - und sei
es durch Schieberei und Wucherei - nicht der, der daheim das
große Wort im Munde führt oder draußen im Leben,
nein, wer beten kann! Wer mit klarem Blick erkennt, dass alles
darauf ankommt, ein innerlich reiner frommer Mensch zu sein! Der
Prediger schwieg. Und nun erklang in die Stille der Ruf der
zweiten Glocke tief und voll: Bete und arbeite! "Allein Gott
in der Höh' sei Ehr", ist der Spruch der größten
Glocke. In seinen Ausführungen begrüßte der
Prediger zunächst die zum ersten Male im Gotteshaus
erschienene, vor kurzem erst geweihte und nun mit den beiden
anderen Fahnen auf dem Ehrenplatz am Altar aufgestellte Fahne des
Männergesangsvereins "Rau & Vogel". Gern ist
auch dieser Fahne der Ehrenplatz gegeben worden, denn ihr Verein
hat oft schon bewiesen, dass er an seinem Teile für Gottes
Sache mit eintritt. Darauf kommt alles an, dass wir uns lösen
von dem Urteil der Menschen, alles allein Gott in der Höh'
zur Ehre tun! Das gibt festen Grund unter den Füßen.
Diese Gesinnung umschließt alles, unser Denken, Reden,
Wirken. Wie viel besser stünde es um uns alle, um unser
ganzes Volk, wenn dieser Glockenspruch wirklich befolgt würde!
Wieder trat lautlose Stille ein - machtvoll, gewaltig schlug
jetzt der wunderbare, tiefe Ton der größten Glocke an
aller Ohr. Als er verklungen, forderte der Prediger auf, dass
Jeder all seine Freude und seinen Dank für diese Stunde, all
seine Sorge für seine liebe Kirche, für sein treues
Vaterland, alles, was ihn bewegt, vor Gott nun bringe im stillen
Gebet, während die Glocken zusammen ertönten. Wohl
der weihevollste Augenblick der ganzen weihevollen Feier - diese
betende Gemeinde, über der himmelwärts der Klang der
drei neuen Glocken tönte! "Nun danket alle Gott mit
Herzen, Mund und Händen," so schloss diese für
alle, die sie innerlich miterlebt haben, unvergessliche Feier.
Ja: "Allein Gott in der Höh' sei Ehr!" 1929
fand die Weihe der erneuerten Kirche statt. Darüber stand im
Tagesblatt "Der sächsische Erzähler": "Feier
der Weihe der erneuerten Kirche zu Großharthau. Herr, ich
habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine
Ehre wohnet! (Psalm 26, 8.) Ein ganz besonderer Fest- und
Freudentag für die Großharthauer Kirchgemeinde war der
gestrige Sonntag, galt es doch, Abschied zu nehmen von der Stätte
der bisherigen Gottesdienste im Fürstlichen Park und Einzug
zu halten ins prächtig erneuerte Gotteshaus, das sich der
zahlreichen andächtigen Gemeinde nunmehr in gar schmuckem
Gewande präsentiert. Aber auch eine neue, von Meisterhand
geschaffene Orgel mit 13 Registern und über 900 klingenden
Stimmen galt es zugleich einzuweihen, also Grund genug, diesen
Tag ganz besonders festlich zu begehen. Blumen schmückten
den Altar, und das Innere ist in Weiß, die Farbe der
Reinheit, und blau, diejenige der Treue, gehalten, während
die Vorhalle mit ihren Denkmälern und alten Grabsteinplatten
unversehrt erhalten geblieben ist. Vom weißgetünchten
Turme mit aufgefrischten Ziffernblättern grüßte
die weiße Kirchenfahne mit violetten Kreuz, und um die 1794
gezeichnete Eingangstür schlang sich Girlandengrün,
ebenso stand am Eingange zum Kirchberge hinter dem "Kyffhäuser"
eine schöne, kronengeschmückte Ehrenpforte. Nach dem
Einläuten des Festes früh von 7 - ½ 8 Uhr
erfolgte Kranzniederlegung am Ehrendenkmal durch den
Kirchenvorstand, während eine zahlreiche Gemeinde und die
Ortsvereine mit ihren 5 Fahnen und Bannern sich im Fürstl.
Parke an der Stelle der bisherigen Gottesdienste versammelten.
Unter dem Geläute der Glocken kamen nun in feierlichem Zuge
an der Spitze die Herren Sup. Dr. Fröhlich - Bautzen,
Ortspfarrer Horn, Fürst Günther zu Schwarzburg als
Kirchenpatron, der Kirchen- und Schulvorstand nebst der
Gemeindevertretung usw. hierher gezogen, um Abschied zu nehmen
von der Stätte, die seit der Kirchenerneuerung der Gemeinde
zur Erbauung diente. Nach dem gemeinsamen Gesang: Bis hierher hat
mich Gott gebracht, erinnerte Herr Ortspfarrer Horn in seiner
Ansprache an den gleichen Tag vor 135 Jahren, an welchem die
Gemeinde ebenfalls den Kirchberg hinauf ins erneuerte Gotteshaus
gezogen sei. Allseitige Opferwilligkeit half das schöne Werk
vollenden, und tiefe Dankbarkeit sprach aus seinen Worten an alle
edlen Geber und Förderer. Durch das frdl. Entgegenkommen Sr.
Durchlaucht Fürst Günther wurde die Abhaltung von
Gottesdiensten auf diesem, schönen, inmitten hoher Waldbäume
gelegenen Platze ermöglicht, und nur eines fehlte hier: die
Orgel. Möge Segen unseren Ausgang an dieser Stätte und
unseren Einzug ins neue Gotteshaus begleiten und Gott uns gnädig
sein für Zeit und Ewigkeit! Nach Gebet und gemeinsamen
Gesang des Liedes "Hilf fernerhin mein treuer Hort!"
zog man unter Glockengeläut in folgender Ordnung zum
erneuerten Gotteshause zurück: Chorkinder mit Herrn Kantor
Zentsch, Architekt und Gewerke, die Geistlichkeit in Amtstracht,
die Herren Vertreter der Kirchenbehörden, Kirchenvorstand,
Ehrengäste, Gemeinderat, Lehrerschaft, Schulausschuss, die
Ortsvereine und die übrige Gemeinde. Nach dem Gesang: "Tut
mir auf die schöne Pforte!" erfolgte die Übergabe
des Schlüssels mit trefflichen Dankesworten an die
kirchlichen und weltlichen Behörden, den Patron, sowie seine
Mitarbeiter durch Herrn Architekt W. Kandler an den Herrn
Ortspfarrer, der die Tür im Namen des dreieinigen Gottes
aufschloss und erfolgte sodann der Einzug in das bald darauf
dichtgefüllte Gotteshaus. Nach der Intonierung durch Herrn
Sup. Fröhlich: "Ehre sei Gott in der Höhe!"
und dem allg. Gesange: "Allein Gott in der Höh' sei
Ehr!" erfolgten die Weihrede und Vollzug der Weihe der neuen
Orgel durch Herrn Sup. Dr. Fröhlich. Sie soll uns singen
helfen und den Weg zeigen, Gott zu preisen, begleitet von
vierhundertstimmigem Gesang in diesen Mauern zum Lobe und
Dankbarkeit gegen den Herrn. Er weihte sie im Namen des
dreieinigen Gottes und nach Öffnung ließ diese zum
ersten Male unter Herrn Kantor Zentsch in herrlichen Tönen
und voller Klangschönheit allein ihre Stimme ertönen in
dem Liede: "Allein Gott in der Höh' sei Ehr!"
worauf die Gemeinde unter ihrer Begleitung das Lied "Nun
danket alle Gott!" anstimmte. Den Festgruß des hohen
ev. - luth. Landeskonsistoriums, das keinen Vertreter senden
konnte, aber heute im Geiste unter der lieben Großharthauer
Kirchgemeinde weile, überbrachte nebst innigsten und
herzlichsten Segenswünschen Herr Sup. Dr. Fröhlich. Das
Konsistorium freut sich mit der ganzen Kirchgemeinde, dass sie
nun dies wundervolle Gotteshaus ihr eigen nennen darf, und gern
hat es hierbei durch finanzielle Unterstützung mitgeholfen.
Nach seelsorgerischen Wünschen des Konsistoriums
übermittelte er auch zugleich die Festgrüße
seines 34 Kirchgemeinden zählenden Bezirkskirchenamtes und
hat zum Schluss um Abhaltung von jedem Ungemach. Herr
Bezirksoberkirchenamtsrat Thomas - Bautzen gedachte der Not der
Zeit, und dass es bereits leider heute Kirchgemeinden gibt, deren
kirchliche Beziehungen unter dem Mangel an Mitteln leiden. Um so
mehr aber erfüllt es uns mit Freude, wenn es wie hier einer
Gemeinde gelingt, dank reichster Opferwilligkeit die
Schwierigkeiten zu überwinden. Möge deshalb aus diesem
Werke unaufhörlich ein Strom reichsten Segens für diese
liebe Kirchgemeinde ausströmen, das walte Gott! - Nach dem
Gemeindegesange: "O, wie so lieblich steht dies Haus"
erfolgte die Altarliturgie durch Sup. Dr. Fröhlich und
Schriftvorlesung über den 27. Psalm, 4 - 8, durch Herrn
Ortspfarrer Horn. Die Männergesangvereine "Concordia"
und Fa. Rau & Vogel brachten meisterhaft "Kröne mit
Segen du edler, das Werk zu Gehör, dem allg. Gesang: "Eine
feste Burg" folgte. Nunmehr bestieg Herr Sup. Dr. Fröhlich
die schöne Kanzel zu seiner ausdrucksvoll und von großer
Freude erfüllten Festpredigt, der er den Römerbrief 10,
8 - 9, zugrunde legte. Einleitend führte er darin u.a.
sinngemäß aus, dass die Kirche zum deutschen Volke,
zur deutschen Landschaft gehöre. Wir werden diesen 15.
September wohl nimmermehr vergessen: Der Abschied von dieser
schönen Waldstätte, der Zug zum Gotteshause, das
Türenöffnen und der Einzug in dasselbe. Und der Bau ist
ohne Unfall beendet worden. Du sollst dich deiner Kirche freuen,
liebe Kirchgemeinde Großharthau. 1. Denn Gott ist dir nahe,
er kommt zu dir in seinem Wort; 2. Schenke ihm dein Herz, und 3.
Bekenne deinen Gott im öffentlichen Leben, waren die drei
Leitsätze. Gott segne unsere Weihe, o, dass wir Freude an
unserer Kirche hätten, war sein innigster Wunsch. Mit dem
Segensspruch und Gebet, dem allg. Gesang "Das Wort sie
sollen lassen stahn" und der Schlussliturgie war die
eindrucksvolle Feier, begünstigt vom schönsten Wetter,
gegen ½ 12 Uhr beendet, und unter Orgelklängen und
Glockengeläut zog die zahlreiche Gemeinde aus dem schönen
Gotteshause wieder hinaus. Der Nachmittag brachte einen Kinder -
Gottesdienst und der Abend eine Abendandacht mit reicher
orgelmusikalischer Ausgestaltung, während das Fest selbst
von ½ 9 - ¾ 9 Uhr abends ausgeläutet
wurde." Im gleichen Jahr bekam die Kirche abermals eine
neue Orgel. Sie stammte von der Firma Jehmlich aus Dresden. In
der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Kirchgemeinde der
Pfarrer Bille als "Deutscher Christ" vorgesetzt. Die
Gemeinde wehrte sich und wählte ihn nicht zum Ortspfarrer,
daraufhin verließ er 1941 Großharthau. Im Jahr
1943 mussten zwei Bronzeglocken für Kriegszwecke abgegeben
werden. 1949 wurden die vier neuen Stahlglocken aus Apolda
geweiht. Der Einführung der Reformation vor 400 Jahren
wurde im Oktober 1959 durch die Kirchgemeinde feierlich gedacht.
1959 fanden sich einige Musikinteressierte und gründeten
einen Posaunenchor. 1963 erhielt das Innere der Kirche eine
gründliche Renovierung. In den Jahren 1989/90 wurde die
Kirche von außen komplett erneuert. 1994 waren 200 Jahre
seit der Einweihung der neuen Kirche im Jahre 1794 vergangen. Man
beging das Jubiläum mit einer Festwoche.
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